Roman Divoky
Anstoß für die Beschäftigung mit dem Thema Agile Transformation in der Logistik war das Gefühl, dass mein jahrelang erfolgreicher Führungsstil „command & control“ nicht mehr funktionierte. Meine Karriere war klassisch, ich stieg hierarchisch vom Disponenten, zum Gruppenleiter, zum Abteilungsleiter bis zum Logistikleiter im Unternehmen auf.
Trotz großer Erfolge sank die Stimmung der Mitarbeiter. Das schlechte Arbeitsklima bemerkte ich meist an Sachbearbeitern, Lagermitarbeitern und Chauffeuren. Bei den Führungskräften, also Mitarbeiter, welche im täglich beruflichen Nahverhältnis zu mir standen, zeigte sich die Stimmung eigentlich sehr gut. Auf mein Nachfragen, wie die Mitarbeiterführung funktionierte bzw. wie die Stimmung im Team sei, wurde mir mit den Worten „Alles bestens!“ geantwortet. Ich wurde mit dieser Aussage wahrscheinlich „ruhiggestellt“, um ausreichend Zeit zu finden, meine zusätzlichen Aufgaben erfolgreich erledigen zu können. Natürlich überschritt ich bei diesen Zusatzaufgaben meine tägliche Arbeitszeit mit einem guten Gefühl. Ganz nach dem Motto: Schneller, höher, weiter. In Gesprächen über operative Abläufe mit meinen Sachbearbeitern hatte ich das Gefühl, dass der Wissensstand der Mitarbeiter „gefiltert“ wurde. Ich informierte Führungskräfte zum Beispiel über die neuen logistischen Abläufe in vollem Umfang, aber die Mitarbeiter verfügten nur über Teile dieser Informationen oder sie waren darüber gar nicht informiert. Von Woche zu Woche verstärkte sich daher mein Verdacht, dass es sich hierbei um ein „Informationsvakuum“ handelte.
Aufgrund dieser Erfahrungen analysierte und beobachtete ich die Mitarbeiter noch genauer. Ich bemerkte, dass kurzfristige Veränderungen (z.B. Mitarbeiter kommt später in die Arbeit, Mitarbeiter geht kurzfristig in Urlaub) grundsätzlich immer zu einer Überlastung bei anderen Mitarbeitern führten. Auch bei diesem Problem gab ich dem schlechten Arbeitsklima die Schuld daran. Weiters beobachtete ich fehlende Mitarbeiterqualifikationen, fehlendes Verständnis zur operativen Umsetzung und somit auch fehlendes Verständnis für die gesamte Logistik. Das Fachwissen war meist nur auf den eigenen Arbeitsplatz bezogen und somit konnte auch meine lang ersehnte „Job Rotation“ in der Logistik nicht funktionieren.
Ich stellte kurzfristig meinen Führungsstil und den meiner Führungskräfte in Frage. Wir benötigten dringend einen kompletten Neustart und ich machte mich auf den Weg nach NewWork.
Vor 5 Jahren wurde ich belächelt, als ich von der Notwendigkeit einer agilen Transformation (in der Logistik) gesprochen habe. Heute stellt sie einen wichtigen Trend für die Zukunft der Arbeit dar. Unabhängig davon, was über die Agilität gesprochen wird, ist es wichtiger, sich persönlich auf den Weg zu machen, was ich mit dieser Initiative zum Ausdruck bringen möchte.
Nach zwei Jahren Selbststudium, begann ich ein ausführliches Konzept zu schreiben. Ich machte mir Gedanken, was ich innerbetrieblich ändern würde, wenn man mir das Vertrauen bzw. den Auftrag zu einer Transformation in meiner Abteilung erteilen würde. Nachdem wir mit 5 Mitarbeitern die Transformation von innen nach außen gestartet haben, arbeiten heute nach drei Jahren fast 100 Mitarbeiter ohne wirkliche Führungskräfte selbstständig und eigenverantwortlich. Wir haben die Transformation ohne externe Berater und ohne direkte Anweisung der Geschäftsleitung umgesetzt.
Ja, das Konzept kann als Vorbild dienen, da das Probieren und Umsetzen in der Praxis im Vordergrund standen. Das Konzept kann wahrscheinlich nicht kopiert werden, da jedes Unternehmen bzw. jeder Mensch ein Individuum darstellt. Es kann aber als „Blaupause“ dienen, da sicher einige agile Methoden und Frameworks übertragbar sind.
Durch diese Auszeichnung soll aufgezeigt werden, dass mit dem richtigen agilen Mindset in jedem Unternehmen eine agile Transformation begonnen werden kann und schlussendlich für jeden Mitarbeiter einen Mehrwert darstellen kann. Mein Arbeitergeber, die Firma Frankstahl (www.frankstahl.com) ist ein Stahlhandelsunternehmen und kein IT – Unternehmen. Somit ist eine agile Transformation in einem Handelsunternehmen insbesondere im Bereich der Logistik aus meiner Sicht derzeit einzigartig.
Aufgrund der Transformation konnten folgende positive Veränderung festgestellt werden: Schnellere (Re)Aktion auf Veränderungen
Verbesserung der Kommunikation nach innen und außen, Stärkung der Eigenverantwortung der Mitarbeitenden, Mehr Innovationskraft durch selbstständiges Tun, Entwicklung einer selbst lernenden Organisation, Etablierung einer modernen Firmenkultur, Steigerung der Attraktivität als Dienstgeber. Unabhängig davon können die Mitarbeiter selbst entscheiden WANN, WO und WIE sie arbeiten, ich denke das ist der größte Mehrwert.