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"Es ist nicht schwer, etwas aufzugeben, wenn man es durch etwas Wertvolles ersetzt"

NWX23-Speaker Neven Subotic im Interview

14. April 2023

Neven Subotic war ein sehr erfolgreicher Profifußballer, als er beschloss, seinem Leben eine neue Richtung zu geben: Mit 22 Jahren gründete er eine Stiftung, um Menschen in Not zu helfen. Im Vorfeld seines Auftritts bei der NWX23 erzählt er im Interview mit dem NWX Magazin von seinen Motiven, der Arbeit seiner Stiftung und der Bedeutung von sozialem Engagement für jeden Einzelnen und die Gesellschaft.

NWX Magazin: Neven, es ist April, der Endspurt der Fußballsaison beginnt. Das ist die Zeit, wo Fußballer normalerweise ein bisschen angespannter werden. Und gerade der Fußballer Neven Subotic war voller Leidenschaft, Ehrgeiz und Kampfgeist. Wie weit weg bist Du von diesem Gefühl? 

Neven Subotic: Sehr weit. Ich habe vor knapp zwei Jahren meine Karriere beendet und seitdem auch nicht einmal mehr gegen einen Fußball getreten. Was einerseits total schade ist. Aber auf der anderen Seite habe ich mit der Stiftungsarbeit nicht nur viel zu tun, sondern wir verfolgen damit so wichtige Ziele, die meine Aufmerksamkeit komplett beanspruchen und in die ich all meine Kraft und Energie und Fokus hineingebe. Es ist nicht schwer, etwas aufzugeben, wenn man es durch etwas Besseres oder etwas Wertvolles ersetzt. Ich hatte eine wunderschöne Zeit im Fußball. Die ist nicht weg, die verjährt auch nicht. Aber sie spielt keine Rolle mehr in meinem Leben.

Du hast schon zu einem ganz frühen Zeitpunkt Deiner Karriere, mit 22 Jahren, deine eigene Stiftung* gegründet. Wie kam es dazu? Du hast mal beschrieben, das sei ein schleichender Prozess gewesen.

Subotic: Ja, mich haben irgendwann diese Roter-Teppich-Charity-Veranstaltungen und einmal im Jahr ein Besuch im Kinderkrankenhaus, um Werbeartikel zu verschenken, total frustriert. Das entsprach einfach nicht den Möglichkeiten und dem Potenzial, das ich in mir und auch in meinen Mitmenschen gesehen habe. Ich habe mich damit auseinandergesetzt und gefragt: Ja, wenn es das nicht ist, was ist es dann? Und mit der Zeit wurde klar, dass ich eine eigene Organisation gründen und entsprechend meine Werte und Visionen einbringen könnte. Wo ich das Gefühl habe, das passt so richtig, da stehe ich voll dahinter. 

Glaubst Du, dass bei dieser Entscheidung, sich sozial zu engagieren, auch deine Biografie eine Rolle gespielt hat, mit der Flucht aus Bosnien mit deinen Eltern?

Subotic: Sicher hat meine eigene Geschichte Einfluss gehabt, auch das Vorbild meiner Eltern, die immer hart gearbeitet haben, um dann auch Menschen in ihrer Heimat zu unterstützen. Aber ich fand den Gedanken zunehmend falsch, sich nur auf die Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung zu konzentrieren. Wenn ich wirklich jeden Menschen gleich bewerte, dann sind mir eben auch Menschen, nur weil sie eine andere Hautfarbe haben oder sechs Flugstunden von mir entfernt leben, nicht egal.

In Deinem Fall fiel die Entscheidung dafür, Menschen zu helfen, die an mangelnder Trinkwasserversorgung leiden.

Subotic: Für ganz viele Menschen, weltweit sind es knapp 800 Millionen, ist die Wasserbeschaffung tagtäglich die größte Herausforderung, die fünf, sechs Stunden in Anspruch nimmt. Und dann ist das Wasser oft auch noch verdreckt und führt zu gravierenden gesundheitlichen Folgen. Und umso mehr ich mich in dieses Thema hineingelesen habe, habe ich angefangen zu verstehen und das Ziel gefasst, genau dort zu helfen.

Du wirst über die Veränderungen in deinem Leben, deine Motive und die Arbeit mit deiner Stiftung ja auch auf der NWX23 berichten. Und sicher werden dann im Publikum auch viele Menschen sein, die gerne auch in ihrem Leben etwas verändern wollen. Die denken, man müsste mehr tun, aber vielleicht den Schritt jetzt noch nicht wagen.

Subotic: Man kann ja auch mit kleinen Schritten anfangen. Nicht jeder kann eine Stiftung gründen, das wäre auch nicht zielführend. Aber wenn es für jemanden darum geht, wirklich ein aktiver Teil der Zivilgesellschaft zu sein, sich zu engagieren, dann lässt sich das auch mit senem Arbeitsplatz und den Fähigkeiten, die man hat, verbinden. Wenn man sich bewusst macht, was Engagement alles ist – nämlich nicht nur Spenden - dann hat man noch immer Zeit, Aufmerksamkeit und Motivation genug, alles Fähigkeiten, mit denen man sich einbringen kann. Und über einen längeren Zeitraum auch eine Kompetenz für ein Thema entwickeln. 

Einen solchen Sinn oder Purpose zu finden, ist ja der Wunsch von immer mehr Menschen. Kann das wirklich so erfüllend sein?

Subotic: Auf jeden Fall, wir erleben das auch bei unseren Unterstützern in der Stiftung. Diese Momente, wo sie die Welt nicht mehr als großes, abstraktes Konstrukt sehen und gar keine echten Beziehungen zu anderen Menschen haben, sondern mit uns in ein Flugzeug steigen und sieben Stunden später dann vor Ort bei unseren Projekten sind. Dort erleben sie, warum diese Aufklärungsarbeit, diese Spenden, die sie hier in unser Welt organisieren, so wichtig sind, weil sie Nahrung, Wasser, Sicherheit bringen. Und dann gucken sie auch anders in den Spiegel und merken, wie wertvoll es ist, eine verantwortungsvolle Rolle einzunehmen, wenn man die Möglichkeiten dazu hat.

Für Dich ist es aber auch wichtig, dass diese Veränderungen und diese Arbeit nicht nur auf persönlicher Ebene geschehen, sondern allgemein in Gesellschaft, Politik und auch in der Wirtschaft. 

Subotic: Ja, Und das geht damit einher, dass auch Unternehmen wirklich soziale Verantwortung übernehmen und dass das nicht von Marketing-Strategien geleitet wird, sondern tatsächlich eine zentrale Rolle im Unternehmen hat. Dass sie voller Überzeugung sagen können: „Unsere Werte stehen über dem Profit.“ Das macht die guten Unternehmen aus, die damit auch ihre Talente halten können und sie motivieren, die extra Meter zu gehen, weil die Mitarbeitenden für diese Werte auch selbst aufgehen. 

Die Schaffung einer wertebasierten Unternehmenskultur ist für dich also auch ein Mittel einer erfolgreichen Personalstrategie?

Subotic: Ich glaube, dass es vor allem den Talenten, die die großen Organisationen haben möchten, ab einem bestimmten Punkt nicht mehr ums Geld geht. Die schätzen das, was sie tun, anders ein. Und sie sind klug, können einen authentischen Weg ihres Unternehmens von reinen PR-Maßnahmen gut unterscheiden. Damit muss man sich als Firmenspitze ernsthaft auseinandersetzen, weil das nicht nur gut für die Unternehmen ist und auch für die Mitarbeitenden, sondern auch für die Gesellschaft. 

Was sind die nächsten Ziele, die Ihr mit der Stiftung habt? 

Subotic: Das große Ziel, das wir verfolgen, ist es  bis 2025 rund 300.000 Menschen zu erreichen und ihr Menschenrecht auf Zugang zu Trinkwasser und Sanitärversorgung tatsächlich zu gewährleisten. In Tansania, Kenia und auch Äthiopien. Bisher sind wir damit auch gut im Plan. Aber wir müssen dabei sicherstellen, dass die Projekte auch langfristig funktionieren, das ist noch wichtiger. 

Das Interview führte Ralf Klassen

Unser Gesprächspartner Neven Subotic ist geprägt von Veränderung: Geboren im ehemaligen Jugoslawien, geflüchtet nach Deutschland und später nach Amerika. Mit 17 Jahren kehrte er nach Deutschland zurück, um professionell Fußball zu spielen, gewann als junger Sportler zwei Mal die Deutsche Meisterschaft sowie den DFB-Pokal mit Borussia Dortmund. Seit 2012 widmet er sich seiner Stiftung well:fair foundation. Für sein Engagement erhielt Neven Subotic 2022 den Bundesverdienstorden der Bundesregierung.

*Im Fokus der Neven Subotic Stiftung steht "die Sicherung der Lebensgrundlagen in Ostafrika durch Einsatz für das Menschenrecht auf Wasser- und Sanitärversorgung". Die mit Spenden unterstützte Initiative baut Brunnen und Sanitäranlagen in Äthiopien, Kenia und Tansania. Dies hat auch einen direkten positiven Effekt auf das Bildungswesen: Kinder in den versorgten Projektregionen können den Schulunterricht besuchen, anstatt kilometerweit Wasser von entlegenen Wasserstellen zu transportieren.


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