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NEW WORK - Better Work (For a better working life)
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Klinikum Aschaffenburg-Alzenau

Meine Station – Pilotprojekt für selbstorganisierte Zusammenarbeit auf einer allgemeinchirurgischen Station

„Ich arbeite gern in der Pflege, aber die Bedingungen machen mich kaputt. “ Dies ist ein Satz, der für sehr viele Menschen in Pflegeberufen gilt. Seit Jahren prägen zunehmende Unterbesetzung und Überlastung den Stationsalltag in deutschen Kliniken. Frustration und Unzufriedenheit führen zu hohen Krankenständen, Personalfluktuation und häufig sogar zum kompletten Berufsausstieg. Durch die zusätzlichen Belastungen der Corona-Krise wurde diese Entwicklung noch einmal deutlich verschärft. Mehr und mehr wird deutlich: Strenge Hierarchien, mangelnde Wertschätzung, fehlende Möglichkeiten zur Integration von Bedürfnissen und zur Mitgestaltung werden den Erwartungen der Mitarbeitenden nicht mehr gerecht. Das Bereichernde am Pflege- und Gesundheitsberuf wird zunehmend nicht mehr erkannt.
Ansatz des Pilotprojektes "Meine Station" ist es, das System Krankenhaus von innen heraus zu verändern. So entstand die Idee, von Grund auf eine selbstorganisierte Station in einem Krankenhaus aufzubauen. Der Fokus liegt dabei auf der interdisziplinären Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe, synergetischen Tagesabläufen und dem Abbau von Hierarchien hin zu Strukturen, die auf die Bedürfnisse der Belegschaft sowie der Patienten*innen ausgelegt sind. Besonders ist am Vorgehen, dass diese Strukturen und Prozesse von den Mitarbeitenden selbst entwickelt, angepasst und nicht von oben herab oder sogar von extern diktiert werden.
Begleitet wird das Projekt von einem interdisziplinären Team aus Klinikexpert*innen sowie Expert*innen für Organisationsentwicklung. Durch die Einbindung verschied. Sparringspartner*innen haben Mitarbeitende zudem die Möglichkeit, Einblick in Teams und Organisationen zu erhalten, die bereits selbstorganisiert arbeiten, somit New Work praxisnah zu erleben und Impulse für “Meine Station” abzuleiten. Zudem wird eine Evaluation durch unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen durchgeführt.
Der Aufbau der Modellstation umfasste die Teamfindung, die berufsgruppenübergreifende Zusammenführung, das Erlernen von Methoden selbstorganisierter Zusammenarbeit gemäß des Ansatzes „The Loop Approach“ mit Integration der Bedürfnisse der Mitarbeitenden sowie die Definition von Strukturen, Prozessen u. einer passenden Stationsausstattung. So konnte „Meine Station“ im Februar 2023 die Arbeit aufnehmen. Seitdem überträgt das Team die festgelegten Strukturen und Prozesse in die Praxis und sorgt spannungsbasiert selbst für die kontinuierliche Nachsteuerung und Weiterentwicklung.

Informationen zum Projekt

  • Beschreibe in 2-3 Sätzen die Initiative, mit der Du Dich für die Kategorie NEW WORK – Better Work (For a better working life) bewirbst.

    „Meine Station“ ist ein Pilotprojekt für selbstorganisierte Zusammenarbeit im Krankenhaus. Hier wird die Zusammenarbeit aller Mitarbeitenden völlig neu gedacht: berufsgruppen- und hierarchieübergreifend. Im Gegensatz zu klassisch aufgebauten Stationen gestaltet das Stationsteam die Arbeitsbedingungen überwiegend selbst, trifft gemeinsame Entscheidungen und kann so die eigenen Bedürfnisse bestmöglich in den Arbeitsalltag integrieren. Neben der Möglichkeit, Strukturveränderungen selbst vornehmen zu können, spielt auch die Erweiterung innerer Kompetenzen der Mitarbeitenden eine zentrale Rolle.

  • Beschreibe Deine Initiative und Motivation, mit der Du Dich in der Kategorie NEW WORK – Better Work (for a better working life) bewirbst. Wie beeinflusst die Umsetzung Deine Arbeitskultur hin zu einer menschlicheren und nachhaltigeren Arbeitswelt?

    Sinn und Zweck des Projekts ist, eine Station aufzubauen, die eine naturwissenschaftlich fundierte Medizin und Pflege ermöglicht und die Raum gibt für eine mitfühlend menschliche und nachhaltig bedürfnisorientierte Entwicklung.
    Die im Krankenhaus übliche Personenhierarchie wird im Einflussbereich des Projekts aufgebrochen und in eine Aufgaben- und Kompetenzhierarchie überführt. An die Stelle der strikten Trennung von ärztlichem Dienst und Pflege tritt auf der Pilotstation ein Rollenkonzept: Die zur Durchführung des Stationsbetriebs erforderlichen Rollen werden im Team entwickelt und mit einem transparenten und klar definierten Entscheidungsprozess im Team legitimiert und besetzt.
    Zwei Beispiele für die Veränderung: Die Erstellung des Dienstplans wird nicht mehr von einer Pflegedienstleitung “außerhalb” des Stationsteams durchgeführt, sondern von Rollen innerhalb des Stationsteams. Während der Chefarzt kraft Gesetzes die medizinische Letztverantwortung trägt und in diesem Maße Führungsaufgaben wahrnimmt, tritt er an anderen Stellen in unterstützende und dem Team dienende Rollen, wie die des Meeting-Facilitators oder Vorbereiters.
    Bereits im frühen Stadium des selbstorganisierten Stationsbetriebs ist erkennbar, dass die Einführung des spannungsbasierten Arbeitens zunehmend eine neue Form von Eigenverantwortlichkeit und Lösungsorientierung bei den Mitarbeitenden schafft – mit all den aha-Momenten und Herausforderungen, die dies sowohl individuell als auch kollektiv mit sich bringt. Die Möglichkeit zur Mitgestaltung fördert die Identifikation der Mitarbeitenden mit ihrer Tätigkeit und der Station. Alle Mitarbeitenden können gleichermaßen ihre Vorstellungen in die Abläufe einbringen, so dass Prozesse vom Team für das Team gestaltet werden. Das Team kann schneller und flexibler auf Veränderungen oder unerwartete Ereignisse reagieren und Prozesse schnell anpassen. Die gemeinsame Haltung soll geprägt sein durch Vertrauen sowie eine bedürfnisorientierte Sprache und achtsame, gewaltfreie Kommunikation.

  • Was ist neu an Deinem Konzept? Welche Verbesserungen sind in den verschiedenen Bereichen der Arbeitskultur erzielt worden?

    Unser Anspruch und zu erwartende Verbesserungen: Die Mitarbeitenden empfinden ihre Arbeit wieder als sinnstiftend und erfüllend. Die Behandlung der Patient*innen gelingt menschenzentriert mit ausreichend Zeit und Empathie. Die klassische Rollenverteilung verändert sich, die Kompetenzen begegnen sich auf Augenhöhe. Insbesondere psychische Belastungsfaktoren werden reduziert. Die Zufriedenheit und Performance der Mitarbeitenden erhöhen sich, die Qualität der Patientenversorgung steigt. Das Krankenhaus ist perspektivisch zukunftsfähig und nachhaltig aufgestellt.

  • Kann Dein Konzept als Vorbild dienen? Wie würde das Konzept als Blaupause für andere Unternehmen aussehen?

    „Meine Station“ kann Impulse für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens in Richtung nutzenbringender New Work-Ansätze liefern, um die gewonnenen Erkenntnisse auf weitere Klinikbereiche und Institutionen zu übertragen. Für die Umsetzung gibt es keine Blaupausen-Lösung – im Vordergrund steht das gemeinsame Lernen und Nachsteuern. Um Mitglieder pflegerischer, ärztlicher und therapeutischer Berufe schon frühzeitig Modelle berufsgruppenübergreifender Kommunikation und Entscheidungsfindung erleben zu lassen, wird ein Modell zur interprofessionellen Ausbildung in den Stationsalltag integriert.

  • Warum sollte Dein Konzept mit dem NEW WORK Award ausgezeichnet werden? Was macht es einzigartig?

    Das Gesundheitswesen stellt ein traditionell-hierarchisches Umfeld dar, in dem New Work-Ansätze häufig noch nicht gehört werden. Das Modellprojekt „Meine Station“ soll zeigen, dass New Work auch im Krankenhauswesen – einem für das gesellschaftliche Wohlergehen zentralen Sektor – gelingen kann.
    Im Mittelpunkt stehen mutige Pionier*innen, die Verantwortung übernehmen. Einige hatten der Pflege bereits den Rücken gekehrt, sind aber voller Inspiration und Tatendrang zurückgekehrt, um ihren Teil zur menschenzentrierten Systemveränderung beizutragen – zum Wohle der Patienten UND Mitarbeitenden.

Projektbilder

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