Nichts ist so spannend, berührend, interessant und inspirierend wie wahre Geschichten. Auch unser Arbeitsleben und alles, was damit zusammenhängt (und das ist viel), liefert jeden Tag Stoff für Erzählungen und Berichte, in denen wir uns wieder erkennen, mit denen wir mitfühlen können. In unser neuen Kooperation mit der Plattform story.one, auf der Menschen ihre ganz persönlichen Geschichten veröffentlichen können, präsentieren wir ab jetzt solche Erzählungen. Den Auftakt macht Jasmin Frey mit einer Erzählung über eine Situation, die viele berufstätige Mütter sehr gut kennen.
"Mama ist auf der Arbeit"
Von Jasmin Frey
Heute Morgen brachte ich mein Kind wie gewohnt in den Kindergarten, eine andere wieder arbeitende Mutter begrüßte mich auf dem Weg. Ihre Tochter kommt nicht sehr gut mit der Trennung zurecht, weint viel und schreit, sobald eine neue Mama kommt und geht. “Mama ist auf der Arbeit.” heißt es von der liebevollen Erzieherin, die das Mädchen gleich auf den Arm nimmt und tröstet.
Doch warum wird das so wenig Akzeptiert? "Papa ist wo? - auf der Arbeit" ist bei uns zu Hause ein ganz normales Frage-Antwort-Spiel, sobald die Rede von ihm ist. Aber Mama, na die ist beim Kind. Wo denn auch sonst? - Dort, wo sie hingehört – setzt mein Kopf noch nach. Muss das in der heutigen Zeit noch sein? In einer Zeit, in der alle den gleichen workload haben wollen, in der Mental-health und eine ausgewogene work-life-balance gepredigt werden. Doch Care-Arbeit, wie es mittlerweile heißt, ist immer noch zum Großteil Frauensache. "Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Hausarbeit, Ehrenamt: Frauen wenden pro Tag im Durchschnitt 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer. Dieser Unterschied wird als "Gender Care Gap" bezeichnet."
Tja, dann fügen wir uns wohl – oder nicht? Ich gehe im nächsten Monat wieder arbeiten, erst mal für drei Tage. Dafür werden es aber gleich 8 Stunden sein. Und schon wieder habe ich das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen, mich zu entschuldigen und meine/unsere Entscheidung (ja, mein Mann hat Mitspracherecht) zu erläutern. “Oh, die arme Maus” habe ich die Worte einer Bekannten im Ohr. “Was? Aber das kannst du doch nicht machen!" der entrüstete Ruf einer noch entfernteren Bekannten. Ja, doch! Das kann und werde ich machen. Ich – ich persönlich – möchte nicht nur Mutter sein. Ich will Frau sein. Ich will was leisten. Ja, ich will mich sogar noch weiter bilden! Und ich will Anerkennung erfahren, nicht nur für ein wohlerzogenes Kind, ein geputztes Haus oder den Wocheneinkauf, sondern auch für gute Arbeit.
Und da hilft es mir doch sehr, dass mein Kind so eine große Freude am Kindergarten hat und eben nicht weint und schreit. Ich werde direkt nach dem Jacke-Ausziehen mit zwei winkenden Händen “Schüüüüss” verabschiedet. Und mein Mann? Na, der hofft auf eine ordentliche Gehaltserhöhung bei mir, damit er die nächste Elternzeit in Anspruch nehmen kann (auch so paradox oder? Aber das ist ein anderes Thema).
*Die Geschichte von Jasmin Frey erschien zuerst auf der Plattform story.one, von der wir im Rahmen einer Kooperation regelmäßig Stücke zum Thema NEW WORK übernehmen. Mehr über story.one und die Idee dahinter lesen Sie in diesem Interview mit dem Gründer Hannes Steiner.