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Vierzig Stunden an einem Platz werden zum Auslaufmodell

Arbeitsmodelle der Zukunft

15. April 2021

Wenn Unternehmer und Führungskräfte heute mutig sind, wartet in der nahen Zukunft eine flexiblere, gerechtere und vielfältigere Arbeitswelt auf uns. Hybride Arbeitsmodelle sind die Zukunft. Hoffentlich, meint Corinna Bock.

„Freitags kann ich nicht, da bin ich im Homeoffice“: Wer in Zeiten vor Corona diesen Satz aussprach, bekam von Freunden und Familie womöglich ein anerkennendes Nicken. So sieht flexibles Arbeiten aus, dachte manch einer. Dass in den Köpfen vieler der Begriff „Homeoffice“ eher mit „Casual Friday“ korrelierte als mit alternativen Konzepten zur Arbeitsorganisation zeigt die Zweideutigkeit, die lange mit flexiblen Arbeitsmodellen einherging.

Es gibt nicht die eine Lösung für alle

Inzwischen ist klar, dass diese Vorreiter hybrider Arbeitsmodelle nur ein erster Schritt waren. Was uns bevorsteht, ist viel umfassender, tiefgreifender. Die kommenden Jahre bringen einen Kulturwandel in der Arbeitswelt. In dessen Zentrum stehen die Bedürfnisse des Individuums bei gleichzeitigem Fokus auf Vertrauen und Produktivität. Lohnarbeit wird stärker an einem ganzheitlichen Menschenbild ausgerichtet. One size fits all war gestern.

Arbeitsort: unbekannt

Was hybride Arbeitsmodelle von bisherigen flexiblen Modellen unterscheidet, ist ihr Grad der Institutionalisierung, die betroffenen Aspekte der Arbeit sowie die Vielfalt der Lösungen. Es geht nämlich weit über die Entscheidung „Zuhause oder Büro?“ hinaus.

Die Bertelsmann Stiftung beschäftigt sich in dem Paper „Neue Orte des Arbeitens“ mit ebendiesen. Und siehe da: Neben Homeoffice und klassischem Büro identifizieren die Forscher mindestens 16 weitere Orte, die schon jetzt als Arbeitsplatz dienen.

Wenn 30 Stunden plötzlich Vollzeit ist

Hybrides Arbeiten meint „die Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes“, schreibt Businessinsider.de. Es geht also um weit mehr als die Frage „Homeoffice oder Büro?“ Es geht im Wesentlichen darum, Mitarbeiter·innen eine Vielzahl an Möglichkeiten zu bieten, um Berufs- und Privatleben ideal zu gestalten. Das Ideal kommt dabei aus der Mitarbeiterperspektive, nicht aus Unternehmenssicht.

Wie das aussieht, kann sich von Firma zu Firma ganz unterschiedlich gestalten. Das Düsseldorfer Unternehmen Sipgate zum Beispiel probierte sich im Januar 2021 an einer 30-Stunden-Woche bei voller Lohnfortzahlung. Schon länger verzichten die Mitarbeiter dort gänzlich auf Hierarchien und Titel. Es gibt aber auch keine Gehaltsverhandlungen und keine Überstunden. Ein individueller Ansatz, der für den Großteil der Konzerne sehr wahrscheinlich (noch) nicht in Frage käme.

Kann der Arbeitsmarkt so inklusiver werden?

„Die Art, wie Menschen arbeiten und mit ihrem Arbeitsplatz interagieren sowie die Art, wie Unternehmen künftig funktionieren, wird sich massiv verändern“, kündigen die Experten des Weltwirtschaftsforums auf ihrer Website an. Sie definieren sogleich fünf Kernthemen für die Zukunft der Arbeit: Arbeiten von überall, Arbeit für alle, Arbeit nach Bedarf, smartes Arbeiten und nachhaltiges Arbeiten.

Ohne im Detail auf die einzelnen Theorien einzugehen, wird beim Lesen klar: Der Arbeitsmarkt könnte vielfältiger werden. Und das ist eine ziemlich gute Nachricht! Das Prinzip „Ein Job an einem Arbeitsort mit festen Strukturen und 40 Wochenstunden zu definierten Zeiten“ ist ein Auslaufmodell. Arbeit wird individueller – was den Arbeitsort angeht, aber eben nicht nur auf den Raum der Arbeit bezogen.

Es kann auch bedeuten, dass Umzüge für den Traumjob seltener nötig werden, weil die Arbeit zu den Talenten kommt und nicht mehr umgekehrt. Die Idee des Job-Sharing fällt in diese Entwicklung, wenn sich zwei Teilzeitkräfte also eine Position teilen und so zum Beispiel Müttern bessere Karrierechancen ermöglichen. Oder aber Menschen können sich selbst erlauben, weitere Talente und Interessen auszuleben, weil der Hauptjob das eigene Dasein finanziert, ohne gleichzeitig die gesamte Zeit und Energie aufzubrauchen.

Voraussetzung ist funktionierende Technologie

Grundlegendste Voraussetzung dafür ist die Digitalisierung. Nur mit verlässlicher Technologie lässt sich sicherstellen, dass Kommunikation im Team stattfindet, dass Teamgefüge stabil bleiben und dass die Arbeit orts- und zeitunabhängig erledigt werden kann. Die andere Voraussetzung muss in den Köpfen der Führungskräfte existieren. Denn sie müssen viel Neues lernen – und loslassen.

Führen und Teambuilding auf Distanz, Informationen gleichmäßig verteilen, Möglichkeiten für Begegnungen schaffen: Das sind nur einige Beispiele, die neu gedacht werden müssen. Hinzu kommt der bereits erwähnte Kulturwandel. Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter*innen scheint für manch einen die größte Herausforderung dabei.

Die Büros der Zukunft sehen anders aus

Durch die steigende Selbstverantwortlichkeit wird sich das Arbeiten noch stärker am Ergebnis orientieren als bisher. Das heißt genauso, dass es Kollegen geben darf, die weiterhin täglich ins Büro gehen und feste Arbeitszeiten brauchen. Das Ziel sind hybride Modelle, nicht möglichst lose Konzepte für alle. Büros werden in den kommenden Jahren also nicht abgeschafft. Ihre Erscheinungsform und die Anforderungen an sie werden sich aber ändern.

Text: Corinna Bock

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