Künstliche Intelligenz revolutioniert die Arbeitswelt, doch viele Unternehmen haben die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt. Nur ein Bruchteil der Firmen bildet ihre Mitarbeiter im Umgang mit KI weiter. Eine neue Studie des TÜV-Verbands zeigt die Schwerpunkte moderner Weiterbildungsstrategien - und wo es dabei noch hakt.
Sie gilt bereits als unverzichtbar für die moderne Arbeitswelt, aber eine aktuelle Studie zeigt, dass viele Unternehmen in Deutschland bei der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter in Sachen Künstlicher Intelligenz noch erheblichen Nachholbedarf haben: Die „TÜV-Weiterbildungsstudie 2024“, durchgeführt von Forsa im Auftrag des TÜV-Verbands, offenbart, dass lediglich 12 Prozent der Unternehmen bereits Mitarbeiter an KI-Fortbildungen teilnehmen ließen. Weitere 6 Prozent planen solche Schulungen, während 10 Prozent den Bedarf noch prüfen. Überraschend ist, dass satte 71 Prozent der befragten Unternehmen derzeit keine KI-Schulungen durchführen.
Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, betont die immense Bedeutung von KI für den zukünftigen Unternehmenserfolg. Er empfiehlt, frühzeitig in die KI-Kompetenzen der Mitarbeiter zu investieren, um sie fit für die digitale Zukunft zu machen. „Neben spezifischen KI-Qualifikationen für IT-Experten sollten auch Anwenderkenntnisse für KI-Tools wie ChatGPT, Gemini, Midjourney oder DeepL vermittelt werden,“ so Bühler. Ein stark steigender Bedarf an KI-Weiterbildungen wird von 39 Prozent der befragten Personalverantwortlichen in den kommenden Jahren erwartet. Gleichzeitig sehen 27 Prozent vielfältige Einsatzmöglichkeiten für KI im eigenen Unternehmen, während 13 Prozent befürchten, dass KI-Anwendungen viele Mitarbeiteraufgaben ersetzen werden.
Die Studie zeigt, dass fast alle Unternehmen (95 Prozent) ihren Mitarbeitern Weiterbildungsmöglichkeiten bieten. 75 Prozent ermöglichen Fortbildungen für alle Mitarbeiter, während 20 Prozent dies nur für bestimmte Personen oder Abteilungen tun. Die Investitionen in Weiterbildung variieren dabei stark: 38 Prozent der Unternehmen investieren zwischen 500 und 1.000 Euro pro Mitarbeiter und Jahr, 13 Prozent zwischen 1.000 und 2.000 Euro und 11 Prozent zwischen 2.000 und 5.000 Euro. Ein Viertel der Unternehmen stellt weniger als 500 Euro zur Verfügung.
Auch das Zeitbudget für Weiterbildungen ist unterschiedlich: 16 Prozent der Unternehmen gewähren ihren Mitarbeitern durchschnittlich nur 1 bis 2 Tage pro Jahr, während fast die Hälfte (48 Prozent) 3 bis 5 Tage ermöglicht. 13 Prozent stellen 6 bis 9 Tage und 16 Prozent sogar mehr als 9 Tage zur Verfügung. Laut Bühler hängen die Investitionen in Weiterbildung weniger von der Unternehmensgröße als von der Branche ab. Während der Dienstleistungssektor großzügiger ist, zeigt sich der Handel eher zurückhaltend.
Ein großer Bedarf besteht in den Unternehmen für branchen- oder berufsspezifische Kompetenzen (63 Prozent), Führungskompetenzen (62 Prozent) sowie Soft Skills und persönliche Entwicklung (56 Prozent). Bühler hebt hervor, dass soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Kommunikation, Konfliktlösung und Resilienz in einer digitalisierten Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung gewinnen. Auch Digitalkompetenzen (58 Prozent) und branchenspezifische Technik-Kompetenzen (57 Prozent) stehen hoch im Kurs. Viele Unternehmen möchten zudem die Kenntnisse ihrer betrieblichen Beauftragten in Bereichen wie Datenschutz, Arbeitssicherheit oder Gesundheitsförderung verbessern (55 Prozent).
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt sind Fortbildungen zu ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit. Für zwei Drittel der Unternehmen sind Weiterbildungen zu Nachhaltigkeitsthemen wichtig oder sehr wichtig (67 Prozent). Im Fokus stehen dabei Energiemanagement und Umweltmanagement (jeweils 51 Prozent) sowie nachhaltige Unternehmensführung (49 Prozent). Bühler betont, dass effektives Energie- und Abfallmanagement Kosten senken und zum Klimaschutz beitragen können. Unternehmen bereiten sich darauf vor, dass viele bisher freiwillige Maßnahmen zu ökologischen oder sozialen Standards gesetzlich verpflichtend werden.
Trotz des hohen Bedarfs haben etwa zwei Drittel der Unternehmen keine schriftlich festgelegte Weiterbildungsstrategie (68 Prozent). Bühler empfiehlt, den Weiterbildungsbedarf in den Geschäftsbereichen zu kennen, die Wünsche der Mitarbeiter zu berücksichtigen und strategisch wichtige Themen aktiv anzugehen. Professionelle Bildungspartner wie die TÜV Akademien können dabei unterstützen. Laut 56 Prozent der befragten Personalverantwortlichen führt eine Kombination aus Präsenz- und Online-Lernformaten („Blended Learning“) zu den besten Lernerfolgen.
Obwohl die Bedeutung der beruflichen Weiterbildung allgemein anerkannt wird, wünschen sich viele Unternehmen mehr Unterstützung von der Politik. Zwei Drittel der Unternehmen sind mit der finanziellen Förderung durch Bund und Länder unzufrieden (65 Prozent) und 75 Prozent fühlen sich schlecht über die Fördermöglichkeiten informiert. Bühler lobt die Nationale Weiterbildungsstrategie der Bundesregierung, fordert jedoch eine zügige Umsetzung und neue Impulse. Er betont die Notwendigkeit einer verstärkten Förderung der beruflichen Weiterbildung und die Einführung einer Bildungsteilzeit, um Arbeitnehmern mehr Zeit und finanzielle Sicherheit für Fortbildungen zu ermöglichen.
red / PM