Diversität am Arbeitsplatz steigert die Jobzufriedenheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und führt dadurch auch zu höherer Produktivität: Eine aktuelle Studie belegt die positiven Auswirkungen einer vielfältigen Unternehmenskultur. Die Untersuchung zeigt aber auch, welche negativen Erlebnisse es für viele Mitarbeiter in Unternehmen nach wie vor gibt.
Aktuelle Forschungsergebnisse belegen klar die unternehmerischen und firmenkulturellen Vorteile für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn sich die Vielfalt der Belegschaft und der Kunden in der Diversität von Führungsteams widerspiegelt. Dies sind Ergebnisse einer europaweiten Untersuchung der Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) für die 1.800 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in neun europäischen Ländern befragt wurden, davon 200 in Deutschland. Zur Hälfte setzten sich die Befragten aus leitenden, zur Hälfte aus nicht-leitenden Angestellten zusammen.
Ev Bangemann, Managementpartner bei EY, betont: „Eine bessere Repräsentation trägt dazu bei, dass unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse berücksichtigt werden und damit zu einer stärkeren Bindung von Mitarbeitern und Kunden führt." Die Zeiten, in denen Frauenquoten als Feigenblatt für Vorstände dienten, seien definitiv vorbei, so Bangemann weiter: „Vor allem internationale Konzerne haben den Mehrwert, den diverse Teams – gerade in der Führungsebene – ihrem Unternehmen bringen, längst erkannt. Geht es um Entscheidungsprozesse, Marktverständnis und -entwicklung sowie die Attraktivität des Unternehmens für neue Talente sind divers und inklusiv agierende Unternehmen klar im Vorteil.“
Interessantes Detail der Studie: Leitende Angestellte bewerten die Anstrengungen ihres Unternehmens in punkto Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion (Diversity, Equity & Inclusion, kurz: DE&I) deutlich positiver als nicht-leitende Angestellte. So sagen fast zwei Drittel der Führungskräfte (63 Prozent), dass in ihrem Unternehmen eine Kultur des Vertrauens und der Transparenz aufgebaut wurde beziehungsweise herrscht. Bei den nicht-leitenden Angestellten sind hingegen nur 44 Prozent dieser Meinung – ein Unterschied von 19 Prozentpunkten. Auch wenn es darum geht, wie der Grad der Geschlechtervielfalt (16 Prozentpunkte Unterschied) und die Sorge um das Wohlergehen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (20 Prozentpunkte Unterschied) beurteilt werden, klaffen die Bewertungen deutlich auseinander. Diese Diskrepanz unterstreicht die Notwendigkeit eines echten Kulturwandels, der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschließt.
Und die Studie zeigt auch ernsthafte Herausforderungen für die Unternehmen: Denn jeder dritte nicht-leitende Angestellte hat bereits Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt, fast ebenso viele wurden Opfer von Mobbing. Besorgniserregend ist, dass nur etwa die Hälfte der Betroffenen diese Vorfälle meldet. Frauen wenden sich seltener an Vorgesetzte oder entsprechende Stellen im Unternehmen als Männer.
„Dass die Einschätzungen innerhalb der unterschiedlichen Level der Mitarbeitenden hierzulande und in Europa zum Teil so deutlich und in so vielen Kategorien auseinanderklaffen, wenn es um Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion geht, spricht ganz klar für eine Kluft zwischen Führungsetage und Mitarbeitenden", so Bangemann. "Wenn im Schnitt fast jede und jeder dritte Angestellte schon einmal diskriminiert oder gemobbt wurde, müssen bei den Arbeitgebern die Alarmglocken schrillen und umgehend Maßnahmen – im Zweifel auch durch externe Experten und Angebote, aber vor allem durch Veränderungen in der Zusammensetzung des Führungsteams – ergriffen werden, um einen wirklichen Kulturwandel im Unternehmen voranzutreiben, der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbezieht.“
Die Folgen einer schlechten Unternehmenskultur sind spürbar. Mehr als die Hälfte der nicht-leitenden Angestellten in solchen Firmen bewertet seine Arbeitsplatzsicherheit als niedrig. Nur ein Drittel fühlt sich an solchen Arbeitsplätzen authentisch und auch wirklich produktiv. Dagegen schätzen Angestellte in divers geführten Teams ihre Zufriedenheit und Produktivität deutlich höher ein.
Trotz der Erkenntnis über die Bedeutung von Diversität und Inklusion schult nur jedes dritte Unternehmen seine Personalverantwortlichen zu DE&I-Themen. Dabei werden knappe Budgets oft als Grund genannt. Ev Bangemann warnt jedoch davor, auf inklusive Maßnahmen zu verzichten. Eine mangelnde Unternehmenskultur führe langfristig zu höheren Kosten, sei es durch mangelnden Einsatz, geringere Produktivität oder Kündigungen.
red / TH