In Krisenzeiten werden in Unternehmen Diversitätsprogramme, etwa zur Förderung von Frauen in Führungspositionen, schnell Opfer von Sparmaßnahmen. Das ist der völlig falsche Ansatz, findet unsere Kommentatorin Wiebke Ankersen.* Gerade in der Krise müssten sich Firmen weiterentwickeln. Sie fordert: "Spart nicht an der Herstellung von Chancengleichheit – investiert jetzt!"
„Wir können den Leuten im Unternehmen in Sparzeiten nicht vermitteln, dass wir für Diversitätsmaßnahmen Geld ausgeben“ – das haben wir in der Pandemiezeit vielerorts gehört und wir hören es auch jetzt wieder. Das ist so falsch gedacht!
Wieso können sie ihren Leuten nicht vermitteln, dass Unternehmen gerade in Krisenzeiten weiterentwickelt, unternehmerisch nach vorn gedacht werden müssen? Dass die heutigen Herausforderungen ohne eine Vielfalt an Erfahrungen und Blickwinkeln gar nicht mehr zu bewältigen sind? Dass es entscheidend ist, Chancengleichheit herzustellen und in die eigenen Leute, in eine faire, positive Kultur zu investieren?
Diversitätsmaßnahmen, Vielfalt – das wirkt auf viele immer noch wie ein weiches Thema, dabei geht es doch um eine harte Währung: die besten Köpfe, Innovationskraft, Produktivität. Ginge es bei der Besetzung von Entscheidungspositionen wirklich immer nur nach Talent und Qualifikation, wie so oft behauptet wird, wären die Führungsteams automatisch sehr viel diverser, denn die Arbeitnehmerschaft ist es ja schon lange.
Die Führung ist immer noch nicht divers
Nur die meisten Führungsteams sind es nicht. Dort fehlen noch immer Frauen, es fehlen Deutsche mit ausländischen Wurzeln, und es fehlen Ostdeutsche zum Beispiel. Es fehlen die, die heute frustriert Dienst nach Vorschrift machen, weil ihre Leistung und ihr Potenzial nicht gesehen werden. Es fehlen die, die weiterziehen – dahin, wo sie bessere Chancen bekommen. Und es fehlen die, die das Unternehmen gar nicht erst in Betracht ziehen, weil schon von außen sichtbar ist, dass sich dort nichts bewegt.
Dabei wird ihr Talent in den Teams dringend gebraucht. Um für sie ein attraktiver Arbeitgeber zu werden, mit dem sie sich identifizieren und für den sie sich gern engagieren – dafür braucht es eine faire Kultur. Und die etabliert sich leider nicht von selbst.
Zu erfolgreichem Unternehmertum gehören Investitionen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle. Investiert in Vielfalt und Chancengleichheit – gerade jetzt!
*Die Autorin: Dr. Wiebke Ankersen führt gemeinsam mit Christian Berg die gemeinnützige deutsch-schwedische Allbright-Stiftung, die sich für einen Kulturwandel in den Unternehmen und mehr Frauen in Führungspositionen einsetzt.
(Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne "Chefinnensache" beim RedaktionsNetzwerk Deutschland)