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Innovative Nachfolgelösung: Vom Kunden zum Chef

Interview mit Rüdiger Peter, Neu-Inhaber de Crignis GmbH

23. Mai 2024

Viele traditionsreiche Familienunternehmen in Deutschland stehen derzeit vor großen Herausforderungen: Sie müssen eine Nachfolgeregelung finden und gleichzeitig den oft fundamentalen Wandel in das digitale Zeitalter vollziehen. Auch für die alteingesessene Augsburger de Crignis Blechverarbeitung GmbH erwies sich das lange als Problem - bis mit dem jungen Unternehmer Rüdiger Peter* eine überraschende, externe Lösung gefunden wurde. Im Interview mit dem NWX Magazin spricht Peter über schlaflose Nächte, die Bedeutung von Automatisierung, Transparenz und Social Media - und wie Start-up-Erfahrungen bei der Transformation helfen können.

NWX Magazin: Herr Peter, wie geht es Ihnen nach den ersten knapp drei Monaten in Ihrer neuen Rolle?

Rüdiger H. Peter: Mittlerweile sehr gut. Es war eine anstrengende Zeit, besonders die ersten 65 bis 70 Tage. Es gibt einfach so viele Themen, die plötzlich in einer Nachfolge auf einen einprasseln, und ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch, der am liebsten alles gleichzeitig starten will. Das führte natürlich zu einer gewissen Überforderung. Aber ich habe viele tolle Leute aus meinem Netzwerk mitgebracht, die mich professionell unterstützen. Jetzt haben wir viele Projekte auf den Weg gebracht, und ich glaube, wir sind auf dem richtigen Kurs.

Wie kam es dazu, dass Sie Gesellschafter und Inhaber von de Crignis wurden?

Peter: Den Unternehmer, Herrn Richard de Crignis, kenne ich seit etwa acht oder neun Jahren. Wir hatten eine gute Kunden-Lieferanten-Beziehung und blieben in Kontakt. Ich versuchte, ihm das Thema Digitalisierung näherzubringen. Obwohl er das Konzept verstand, setzte er es nicht um, und ich erkannte, dass das Problem in der ungeregelten Nachfolge lag. Seine vier Kinder wollten das Unternehmen nicht übernehmen. Schließlich bot ich an, ihn als Beirat zu unterstützen und die richtige Person für die Geschäftsführung zu finden. Das führte letztlich dazu, dass ich das Unternehmen übernahm.

Es ist ein großer Schritt von einem Start-up-Gründer zur Übernahme eines etablierten, traditionsreichen Familienunternehmens. Hatten Sie schlaflose Nächte oder war das eine Chance, die Sie nicht verpassen wollten?

Peter: Tatsächlich beides. Es war eine spannende Gelegenheit, aber auch eine große Verantwortung. Ich fand es immer faszinierend, wie Unternehmen entstehen und wachsen. Die Möglichkeit, ein bestehendes Unternehmen weiterzuentwickeln, war sehr reizvoll. Natürlich gab es auch Bedenken und Respekt, vor allem weil falsche Entscheidungen nicht nur finanzielle, sondern auch reputationsbezogene Konsequenzen haben können. Aber mit der richtigen Unterstützung und einer klaren Vision fühle ich mich gut vorbereitet.

Könnte man sagen, dass Erfahrungen aus Start-up-Unternehmen genau jene Kenntnisse liefern, die es braucht, um traditionelle Mittelstandsunternehmen zu transformieren. 

Peter: Absolut. Die Erfahrungen aus meinen Start-ups haben mir sehr geholfen, insbesondere in den Bereichen Kommunikation und Prozessoptimierung. In einem Start-up muss man alles selbst machen und von Grund auf aufbauen, was eine gute Schule für pragmatische Problemlösungen und effizientes Arbeiten ist. Diese Fähigkeiten sind besonders wertvoll, wenn es darum geht, traditionelle Unternehmen zu modernisieren und neue Technologien zu integrieren. Es geht darum, innovative Ideen umzusetzen und gleichzeitig die vorhandenen Strukturen respektvoll zu transformieren.

"Es ist wichtig, den Wandel transparent zu kommunizieren"

Sie haben angekündigt, de Crignis in den Bereichen Digitalisierung und Robotisierung tiefgreifend zu transformieren. Können Sie uns Ihre Ansätze erläutern?

Peter: Ein zentraler Punkt ist die Automatisierung, um den Herausforderungen des Fachkräftemangels zu begegnen. Derzeit haben wir einen Automatisierungsgrad von 9 Prozent und streben in den nächsten zehn Jahren 80 Prozent an. Das bedeutet, dass wir viele manuelle Prozesse durch Roboter ersetzen müssen. Wir müssen schrittweise vorgehen, um die Effizienz zu steigern und gleichzeitig die Belegschaft auf diesen Wandel vorzubereiten.

In der Verwaltung setzen wir auf Digitalisierung, um Prozesse zu optimieren. Wir sind bereits dabei ein neues ERP-System einzuführen, um unsere internen Abläufe effizienter zu gestalten und besser auf die Bedürfnisse unserer Kunden reagieren zu können.

Ihre Belegschaft ist im Durchschnitt über 49 Jahre alt, wahrscheinlich sind nicht alle Mitarbeiter per se fit für die anstehenden Veränderungen. Wie gehen Sie damit und auf der anderen Seite mit dem Fachkräftemangel um?

Peter: Es ist wichtig, den Wandel transparent zu kommunizieren und die Mitarbeitenden mitzunehmen. Wir setzen auf Umschulungen und Weiterbildungen, um die Belegschaft auf ihre neuen Aufgaben vorzubereiten. Zudem bemühen wir uns aktiv um junge Talente, beispielsweise durch Teilnahme an Firmenkontaktmessen. Unser Ziel ist es, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein und durch innovative Projekte und moderne Arbeitsbedingungen neue Fachkräfte zu gewinnen.

Sie haben bereits erste sichtbare Veränderungen in der Unternehmenskommunikation und im Marketing vorgenommen. Wie wichtig ist Social Media für de Crignis?

Peter: Social Media ist ein zentraler Bestandteil unserer Kommunikationsstrategie. Es ist wichtig, unsere Sichtbarkeit zu erhöhen und sowohl potenzielle Mitarbeitende als auch Kunden anzusprechen. Wir haben dafür Experten hinzugezogen, die uns professionell unterstützen. Unsere Präsenz auf Plattformen wie LinkedIn hat sich bereits positiv entwickelt und trägt dazu bei, unser Unternehmen sowohl intern als auch extern besser zu positionieren.

"Nachhaltigkeit ist mehr als nur ein Umweltthema"

Ein weiteres Thema, das auf Ihrer neuen Website prominent hervorgehoben wird, ist Nachhaltigkeit. Wie wichtig ist Ihnen dieses Thema?

Peter: Nachhaltigkeit ist für uns von großer Bedeutung und umfasst mehr als nur Umweltaspekte. Es geht auch darum, wie wir mit unseren Mitarbeitenden umgehen, wie wir unsere Unternehmensführung gestalten und welche gesellschaftlichen Beiträge wir leisten. Wir arbeiten derzeit an unserem ersten freiwilligen ESG-Report, um einen umfassenden Überblick über unsere Nachhaltigkeitsaktivitäten zu geben und konkrete Ziele zu setzen. Dieser Bericht wird uns helfen, Transparenz zu schaffen und uns auf zukünftige Anforderungen vorzubereiten.

Sie haben auch ein neues Unternehmen namens evolujen gegründet. Können Sie uns mehr darüber erzählen?

Peter: Evolujen ist darauf ausgerichtet, Unternehmerlebenswerke weiterzuführen und ihnen eine Zukunft zu geben. Dabei geht es darum, Unternehmen zu übernehmen, die vor Herausforderungen stehen, wie zum Beispiel einer ungeregelten Nachfolge. Evolujen soll zudem ein Netzwerk von Experten und Freelancern bieten, die gezielt in den Bereichen Social Media, Personalmanagement, Digitalisierung und Automatisierung unterstützen. So können wir nicht nur de Crignis, sondern auch andere Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen.

Interview: Ralf Klassen

*Unser Gesprächspartner: Rüdiger H. Peter, 39, stammt aus einer Unternehmerfamilie mit einer großen Leidenschaft für Wirtschaft und Unternehmentum. Nachdem er bereits eigene Firmen gegründet hat, möchte er nun weiter daran mitwirken, den Industriestandort Deutschland sowie Unternehmerlebenswerke ohne geregelte Nachfolge nachhaltig zu sichern. 

 

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