Wie denken die Deutschen über ihre Arbeit, ihre Kollegen und ihre Vorgesetzten? Eine aktuelle XING-Umfrage offenbart regionale Unterschiede – und ein bedenkenswertes Manko.
Über 40 Prozent aller deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vermissen „eine angemessene Wertschätzung für ihre Arbeitsleistung“. Das ist eines der Ergebnisse der aktuellen, umfangreichen "Job-Happiness-Studie 2022" von XING. Gleichzeitig bemängelt jeder fünfte Befragte (21 Prozent) die Unternehmenskultur seines Arbeitgebers im Allgemeinen. Die repräsentative Studie führte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag von XING unter 3.042 Beschäftigten durchgeführt.
Bei genauem Studium der Zahlen offenbaren sich in Sachen Verbesserungspotenzial am Arbeitsplatz regional große Unterschiede. So gibt es in den westlichen Bundesländer bei wichtigen Themen der Unternehmenskultur wie faire Behandlung zum Teil großen Optimierungsbedarf, während Beschäftigte in Süddeutschland ihrem Arbeitgeber hier ein besseres Zeugnis ausstellen. Dafür sorgt sich im Süden fast jeder fünfte Beschäftigte um seine berufliche Zukunft.
Die Studie wirft einen genaueren Blick auf die Unterschiede zwischen den Menschen, die angeben, im Arbeitsleben zufrieden oder unzufrieden zu sein. Hier offenbaren sich gerade bei den sogenannten “weichen” Faktoren eklatante Unterschiede. Während 72 Prozent der Zufriedenen sagen, dass sie eine angemessene Wertschätzung erfahren, sind es bei den unzufriedenen Beschäftigten nur 15 Prozent. Fair behandelt fühlt sich nur jeder vierte Unzufriedene (25 Prozent) – unter den Zufriedenen sind es 80 Prozent. Von ihnen hat auch jeder zweite Beschäftigte kein gutes Verhältnis zum persönlichen Vorgesetzten (49 Prozent). „Weiche Faktoren werden zu harten Fakten. Karrieremöglichkeiten und Gehalt sind zwar immer noch wichtig, treten aber in den Hintergrund, wenn die Kultur im Unternehmen nicht stimmt”, sagt Petra von Strombeck, CEO der NEW WORK SE, Muttergesellschaft des Job-Netzwerks XING. „Menschen, die emotional kaum engagiert sind und das Gefühl haben, in einer Sackgasse zu stecken, sind auch schneller bereit, den Job zu wechseln. Das ist für die Unternehmen gerade in Zeiten des Fachkräftemangels fatal.”
Jedem fünften Beschäftigten gefällt die Unternehmenskultur seines Arbeitgebers nicht
Jedem fünften Beschäftigten gefällt die Unternehmenskultur nicht, in der er derzeit arbeitet. Schaut man sich den Zusammenhang zwischen Unzufriedenheit und der Antwort auf die Frage nach der Unternehmenskultur an, erhält man folgendes Bild: Zwei Drittel der Beschäftigten, die angeben im Job zufrieden zu sein, fühlen sich auch mit der Unternehmenskultur wohl. Menschen, die angeben im Beruf unzufrieden zu sein, kritisieren diese hingegen. Konkret heißt das: 59 Prozent der Unzufriedenen gefällt auch die eigene Unternehmenskultur nicht.
Regionale Unterschiede: Der Westen hat bei weichen Faktoren Optimierungsbedarf
Ein Vergleich der Regionen in Deutschland (Nord, Süd, Ost, West) zeigt, dass Aussagen wie „ich fühle mich fair behandelt“ oder „meine Meinung hat Gewicht“ in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland eine geringere Zustimmung erhalten (64 % bzw. 60 %). Am fairsten behandelt fühlen sich die Erwerbstätigen im Süden der Republik (Bayern, Baden-Württemberg) mit 71 Prozent. Süddeutschland punktet dabei mit tendenziell besseren Werten beim Thema Wertschätzung (62 %, West 56 %, Nord 57 %, Ost 58 %), beim Verhältnis zum Vorgesetzten (82 % - West 76 %, Nord und Ost: jeweils 79 %) sowie bei der Frage, ob die Meinung der Beschäftigten Gewicht haben (68 % - West: 60 %, Nord 64 %, Ost 65 %). Die ostdeutschen Bundesländer bewegen sich insgesamt in einem guten Mittelfeld.
Der Westen: gutes Verhältnis zum Chef, aber Schlusslicht bei den weichen Faktoren
Drei Viertel der Beschäftigten in den westlichen Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland geben an, ein gutes Verhältnis zum eigenen Vorgesetzten zu haben (76 %). Allerdings besteht Optimierungspotenzial bei den weichen Faktoren, die ebenfalls wesentlich von der Führungskraft abhängen. So sagen nur 56 Prozent der Befragten, sie erfahren eine angemessene Wertschätzung im Unternehmen, 64 Prozent der Befragten fühlen sich fair behandelt und sechs von zehn Erwerbstätigen der Region geben an, dass ihre Meinung im Unternehmen Gewicht habe.
Die Zahlen im Einzelnen:
Der Norden: Beschäftigte blicken optimistisch in die berufliche Zukunft
Im Norden Deutschlands (Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen) sind die Beschäftigten zuversichtlich, wenn es um ihre eigene berufliche Zukunft geht (71 %). Insgesamt fühlen sich dort 70 Prozent der Beschäftigten fair behandelt und empfinden ihre aktuelle Tätigkeit als sinnvoll (85 %). Zudem schneiden sie in Kategorien wie “Ich kann das tun, was ich am besten kann” (70 %) oder “Ich kann meine persönlichen Ziele erreichen (57 %) tendenziell besser ab als andere Regionen (jeweils + 6 Prozentpunkte). Hingegen bemängeln die norddeutschen Beschäftigten ihre momentane Work-Life-Balance: Zwar sagen 72 Prozent der Befragten, dass sie Beruf- und Privatleben gut vereinen können, dies ist jedoch der niedrigste Wert im Vergleich der Regionen.
Die Zahlen im Einzelnen:
Der Osten: Positive Aussichten und Möglichkeit zur Weiterentwicklung
Auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ostdeutschland blicken zuversichtlich in die persönliche berufliche Zukunft. Insgesamt 69 Prozent der Befragten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stimmen der entsprechenden Aussage trotz Konjunktursorgen zu. Insgesamt liegen die ostdeutschen Bundesländer im guten Mittelfeld und fallen weder durch besonders hohe noch besonders niedrige Werte auf.
Die Zahlen im Einzelnen:
Der Süden: Führung top, aber mit beruflichen Zukunftssorgen
Insgesamt 67 Prozent der Beschäftigten in Bayern und Baden-Württemberg stimmen der Aussage zu, dass sie sich keine beruflichen Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen. Das ist der niedrigste Wert aller Regionen. Gleichzeitig sagt fast jeder fünfte Befragte aus dem Süden (16 %), dass er sich um seine berufliche Zukunft sorgt. Der Süden punktet dabei laut Befragten mit einer mitarbeiterorientierten Unternehmenskultur: Bei Themen wie Wertschätzung (62 %) und fairer Behandlung der Beschäftigten (71 %) schneiden Bayern und Baden-Württemberg tendenziell besser ab als andere Regionen (+ 6 Prozentpunkte bzw. + 7 Prozentpunkte gegenüber dem „Westen“). Darüber hinaus haben die Beschäftigten ein gutes Verhältnis zum Vorgesetzten (82 %; + 6 Prozentpunkte gegenüber Westen) und stimmen der Frage, ob die eigene Meinung im Job Gewicht habe am häufigsten zu (68 %; + 8 Prozentpunkte gegenüber Westen).
Die Zahlen im Einzelnen:
red
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