New Perception: Was wir über uns missverstehen

Er fordert ein neues Menschenbild, kritisiert die falsche Progressivität unserer Zeit und plädiert für einen ethischen Kapitalismus. In einer fesselnden Keynote auf der NWX23 in Hamburg, stellte Prof. Dr. Markus Gabriel, einer der wichtigsten deutschen Philosophen der Gegenwart, im Talk mit NWX-Host Marc-Sven Kopka vier Thesen für eine revolutionierte Arbeitswelt vor. 

Erstens argumentiert Gabriel, dass unser gegenwärtiges Zeitalter der Krisen das Ergebnis eines falschen Selbstverständnisses des Menschen ist. Er kritisiert das vorherrschende Bild des Menschen als Reiz-Reaktions-Maschine, das von der Naturwissenschaft und Technologie geprägt ist. Stattdessen fordert er ein neues Menschenbild, das den Menschen als geistiges Lebewesen begreift, das in der Lage ist, sein Verhalten auf der Grundlage von Vorstellungen und Erkenntnissen zu verändern.

Zweitens kritisiert Gabriel die falsche Progressivität unserer Zeit. Er argumentiert, dass wir zwar moralisch progressiv sind und uns für Themen wie Klimawandel, Genderfragen und soziale Gerechtigkeit einsetzen, aber oft scheitern, diese moralischen Erkenntnisse in politische Handlungen umzusetzen. Er warnt vor dem "Moralismus" in der Politik und fordert stattdessen eine "kluge moralische Strategie".

Drittens spricht Gabriel das Phänomen des "Control Burnouts" im postpandemischen Zeitalter an. Er betont die Notwendigkeit, ein neues Verständnis von menschlichen Organisationen zu entwickeln, das nicht nur auf top-down-Strukturen basiert.

Schließlich plädiert Gabriel für ein neues Wirtschaftsmodell, das er als "ethischen Kapitalismus" bezeichnet. Er argumentiert, dass wir ein Wirtschaftssystem brauchen, das ethische Prinzipien in den Vordergrund stellt und nicht nur auf Profitmaximierung ausgerichtet ist.