Endorsement

"Das Potenzial von Bewerbern wird immer wichtiger"

Interview mit Tim Good / HR-Chef Europa Accenture

3. November 2022

Die Suche nach Talenten und Fachkräften ist in den vergangenen Jahren durch viele Faktoren deutlich schwerer geworden: Demografische Entwicklung, Wertewandel, globale Konkurrenz und nicht zuletzt Corona stellen Personalmanager vor große Herausforderungen. Einer der renommiertesten HR-Experten ist Tim Good, bei der global agierenden Unternehmensberatung Accenture europaweit für Recruiting und Talentförderung zuständig. Im Interview mit dem NWX Magazin spricht er über Recruitingstrategien, den Einfluss intelligenter Software und menschlicher Faktoren bei der Besetzung offener Stellen - und seinen eigenen spannenden Karriereweg.

Was konkret sind Ihre Aufgaben bei Accenture?

Tim Good: Meine Rolle setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Ich gebe die strategische Richtung vor, damit wir bei Accenture weiterwachsen und bei HR-Trends auch weiterhin ganz vorne mit dabei sind. Auch in die Arbeit mit Kunden bin ich involviert, etwa im Bereich HR-Transformation. Nicht zuletzt kümmere ich mich um unsere Mitarbeitenden im Bereich Talent & Organization und stelle sicher, dass wir die richtigen Teams für unsere Kunden zusammenstellen. Das reicht von „Hiring“ bis „Inspiring“, also vom Einstellen bis hin dauerhaften Begeistern der Mitarbeitenden für ihre Arbeit bei uns.

 

Wie hat sich Ihre Tätigkeit über die Jahre entwickelt, wie sind Sie zur Ihrem Schwerpunkt gekommen?

Tim Good: Ich bin seit 22 Jahren für Accenture tätig. Angefangen habe ich in Großbritannien, kurz nach meinem Universitätsabschluss. Ich habe Musik studiert, weil genau das meine Leidenschaft war (und ist!). Nach meiner Zeit an der Oxford University und der Musikhochschule in London wurde mir aber klar, dass ich mein Hobby nicht zu meinem Beruf machen möchte. Die Musik lehrte mir viele Fähigkeiten, die man auch in anderen Berufen braucht, etwa Kommunikation und Problemlösung. Ich suchte also nach einer Stelle, wo ich meine Fähigkeiten einsetzen konnte, allerdings in einem anderen Umfeld. Accenture war schon damals sehr offen (und ist es heute noch), mehr auf das Potenzial, als auf die Art des Studienabschlusses zu schauen. Als Accenture und ich dann zueinander fanden, war das das perfekte Match!

Anfangs habe ich viel im Bereich Technologie gemacht, etwa Coding und Testing. Im Laufe der Zeit habe ich mich damit beschäftigt, wie der Mensch mit Technologie interagiert - das hat mich sogar mehr interessiert als die Technologie selbst. Dadurch bin ich zum Bereich Change Management gekommen. In diesem Rahmen habe ich bei HR-Transformationen unterstützt. Dank dieser Vielfalt auf meinem Berufsweg kann ich mit Menschen in vielen Bereichen der Organisation sprechen und verstehe, was sie tun.

Wodurch zeichnet sich das Recruiting bei Accenture aus und welche New-Hiring-Tools nutzt das Unternehmen?

Tim Good: Grundsätzlich haben wir den Ansporn, im Bewerbungsprozess innovativ zu sein. Zukünftig möchten wir von traditionellen Vorstellungsgesprächen wegkommen. Wir achten zwar immer noch auf klassische Angaben, etwa die Qualifikationen der Bewerber:innen. Jedoch sind für uns in zunehmendem Maße auch das Potenzial einer Person, ihre Interessen und Leidenschaften von Bedeutung.  Wir nutzen ein Bewerbermanagementsystem, ein Talent Relationship Management-System zur Talentbindung, Software für virtuelle Vorstellungsgespräche, Benchmarking Tools, wie LinkedIn Talent Insight sowie Active Sourcing Tools.

Welche Art von Technologie setzt Accenture im Bewerbungsprozess ein?

Tim Good: Wir möchten die Menschen für Technologien begeistern, denn das ist nicht zuletzt Teil des Herzstücks von Accenture. Wir bei Accenture glauben, dass das Metaverse einer der wichtigsten Technologietrends des nächsten Jahrzehnts ist. Menschen werden weiterhin von beliebigen Orten aus der Ferne arbeiten statt nur im Büro. Dabei kann das Metaverse unterstützen, Menschen zusammen zu bringen.  Ein Beispiel ist unser Accenture CIE Summit, der im Mai stattfand. Das Event wurde über die Metaverse-Plattform abgewickelt und hierzu hatten wir auch Talents eingeladen. Im Rahmen unserer Onboarding-Veranstaltungen für alle neuen Mitarbeitenden wird ab Juli auch Virtual Reality zum Einsatz kommen.

Auch im Bewerbungsprozess nutzen wir digitale Tools, etwa für Bewerbungsgespräche und das Bewerbungsmanagement. Um die sogenannte Candidate Experience im Bewerbungsprozess zu optimieren, verändern wir uns kontinuierlich und gehen mit den neusten Entwicklungen der Zeit.

Welche Risiken oder Chancen sind dabei zu bedenken?

Tim Good: Setzt man Künstliche Intelligenz für die Personalgewinnung ein, muss der Algorithmus so verantwortungsvoll aufgesetzt werden, dass sichergestellt werden kann, dass Vielfalt und Offenheit neben weiteren Eigenschaften fest verankert sind. Neuste Technologien können uns zwar helfen, menschliches Potenzial zu maximieren, aber eine ethisch korrekte Vorgehensweise hat oberste Priorität.

Inwiefern nutzen sie bei Accenture Active Recruiting? Vor allem die jüngere Generation scheint dafür ja sehr offen zu sein.

Tim Good: Ein etablierter Recruiting Kanal sind die Empfehlungen unserer eigenen Mitarbeitenden. Diese nutzen wir bereits seit vielen Jahren und sie sind uns eine große Hilfe bei der Findung und Auswahl von Talenten. Die Kandidat:innen durchlaufen aber trotzdem einen Bewerbungsprozess, um herauszufinden, ob Accenture der richtige Arbeitgeber für sie ist und ob sie die erforderlichen Qualifikationen mitbringen. Darüber hinaus sind wir auf Recruiting-Events vertreten, aber wir schreiben selbstverständlich auch Stellenanzeigen klassisch im WWW aus.

Welche Rolle spielt „New Work“ generell für Accenture?

Tim Good: Ich glaube, den meisten Menschen sind bei der Jobwahl drei Dinge besonders wichtig. Sie suchen zum einen nach einem Sinn. Sie stellen sich Fragen wie: Ist dies ein Job, der mir etwas bringt? Ist es eine Position, in der ich wachsen und mich weiterentwickeln kann? Zudem suchen sie nach Werten, etwa im Bereich Nachhaltigkeit und Menschenrechte. Der dritte Aspekt ist die Flexibilität. Sie fragen sich: Wie viel Flexibilität werde ich haben? Sind Job und Familie vereinbar? In allen drei Aspekten wollen wir unseren Mitarbeitenden so weit wie möglich entgegen kommen.

Wir bei Accenture haben bestimmte Kernwerte festgelegt, die wir am Arbeitsplatz leben. Sie beschreiben, wie wir uns um unsere Mitarbeitenden kümmern. Ein Teil davon sind etwa körperliche und emotionale Bedürfnisse. Auf diese Art schaffen wir ein integratives Arbeitsumfeld, das auch zu besseren Leistungen in den Teams führt.

Inwiefern spiegelt sich das im Arbeitsalltag wieder?

Tim Good: Ganz im Sinne von „omni-connected“ geht es darum, allen die selbe Qualität an Employee Experience zu ermöglichen – egal von wo aus die Arbeit erfolgt. In einigen Situationen ist es wirklich wichtig, zusammen an einem Ort zu sein, etwa gemeinsam mit Kunden. Aber wir wissen, dass Menschen auch außerhalb des Büros produktiv sind. Auch ich lebe diesen Ansatz, indem ich meinen Tag mit Arbeit und Familie in Einklang bringe. Neben E-Mails und Telefonaten nehme ich mir auch mal Zeit für einen längeren Spaziergang mit meiner Tochter. Denn auch darum geht es bei New Work: Führungskräfte, die mit gutem Beispiel vorangehen.

Was lässt sich aus Ihrer Perspektive – vor dem Hintergrund von New Work und New Hiring – über die Organisationskultur von Accenture sagen?

Tim Good: Wir können aus Erfahrung sagen, dass Vielfalt eine große Stärke ist. Accenture hat sich ein hohes Ziel gesetzt: Wir wollen das diverseste Unternehmen am globalen Markt sein. Entsprechend sind bei uns Diversität und Inklusion fest in der Kultur verankert, sowohl im Recruitingumfeld als auch bei internen Initiativen und Prozessen. Im Bereich Geschlechterparität sind wir schon fast da angekommen, wo wir hinwollen – 50/50 in der Belegschaft, bei denjenigen, die sich binär einem Geschlecht zuordnen. Als international tätiger Arbeitgeber kommen bei uns seit jeher Menschen unterschiedlicher Kulturen und Sprachen zusammen und arbeiten gemeinsam an Projekten. 

Wir wissen, es braucht unterschiedliche Blickwinkel, Erfahrungen, Weltanschauungen und Fähigkeiten, um Innovationen voranzutreiben und erfolgreich zu sein. Deshalb sind wir auch vielfältig, was die akademischen und beruflichen Hintergründe unserer Mitarbeitenden anbelangt: von den Wirtschaftswissenschaftler:innen, über MINT-Fachkräfte bis hin zu Musikabsolvent:innen (wie ich selbst einer war). Bei Accenture können Mitarbeitende sich so einbringen und so sein, wie sie sind.

Das Interview führte Tanja Koch

Das NWX Magazin beleuchtet im Schwerpunktthema „New Hiring“ die veränderte Situation auf dem Arbeitsmarkt aus Sicht von Unternehmen und Bewerbern und stellt dabei neue Wege und Tools vor, die es für beide Seiten leichter machen, den perfekten Partner fürs Arbeitsleben zu finden.

 


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