Der Engpass auf dem Arbeitsmarkt spitzt sich weiter zu: Eine aktuelle IW-Studie prognostiziert eine deutliche Verschärfung des Fachkräftemangels in Deutschland. Besonders betroffen sind Berufe im Verkauf, in der Kinderbetreuung und in der Pflege. Auch Boom-Sektoren bleiben nicht verschont.
Deutschland steuert auf eine weiter wachsende Fachkräftelücke zu: Rund 768.000 Fachkräfte könnten bis 2028 fehlen – so das Ergebnis einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die Berechnung basiert auf demografischen Entwicklungen, aktuellen Arbeitsmarktdaten sowie einer Branchenbefragung des IW.
Besonders betroffen ist der Einzelhandel. Trotz eines erwarteten Beschäftigungsrückgangs in Verkaufsberufen wächst der Engpass dort auf voraussichtlich über 40.000 fehlende Fachkräfte. Auch im Metallbereich zeichnet sich ein deutlicher Rückgang ab: Die Zahl der Beschäftigten in diesen Berufen könnte um etwa 14 Prozent beziehungsweise rund 161.000 Personen sinken – eine Entwicklung, die vor allem auf Konjunkturschwäche und zahlreiche Renteneintritte zurückzuführen ist. Die Fachkräftelücke entsteht dabei nicht nur in hochqualifizierten Tätigkeiten wie spanender Metallbearbeitung (minus 5.300 Fachkräfte), sondern auch im Metallbau (minus 7.400). Weil es nicht genügend Nachwuchs gibt, können die Unternehmen die frei werdenden Stellen nicht nachbesetzen.
Gleichzeitig nimmt die Nachfrage in sozialen und pädagogischen Berufen weiter zu. So wird in der Kindererziehung bis 2028 mit einem Beschäftigungszuwachs von rund 136.400 Personen gerechnet. Dennoch reicht dieser Zuwachs nicht aus, um den Bedarf zu decken: Die Fachkräftelücke in diesem Bereich dürfte auf knapp 31.000 Stellen anwachsen. Ähnlich sieht es in der Sozialarbeit aus, wo über 21.000 Fachkräfte fehlen könnten. Auch in der Gesundheits- und Krankenpflege rechnet das IW mit einem Engpass von mehr als 21.000 Beschäftigten.
Im Gegensatz dazu stehen die IT-Berufe, die laut Prognose in den kommenden Jahren einen kräftigen Beschäftigungszuwachs von rund 26 Prozent verzeichnen dürften. Trotzdem kann auch hier der Bedarf nicht vollständig gedeckt werden – der Mangel an qualifizierten IT-Fachkräften bleibt bestehen.
Besonders stark fällt die Lücke in Berufen mit abgeschlossener Berufsausbildung aus – sie machen über die Hälfte des prognostizierten Engpasses aus. Die IW-Forscher warnen davor, den strukturellen Mangel durch die aktuell sinkende Zahl offener Stellen zu unterschätzen. Unternehmen fällt es zunehmend schwer, Ausbildungsplätze zu besetzen. Dies sei ein zentrales Problem, das langfristig die Fachkräftesicherung gefährdet. Um gegenzusteuern, empfiehlt das IW unter anderem eine bessere Berufsorientierung an Schulen, Anreize für längeres Arbeiten im Erwerbsleben sowie eine gezielte Förderung qualifizierter Zuwanderung.
red / PM