Chefs und Chefinnen verzweifelt gesucht: Die Problematik bei den ungeklärten Unternehmensnachfolgen im Mittelstand nimmt immer größere Ausmaße an. Viele Betriebe drohen ersatzlos vom Markt zu verschwinden. Eine aktuelle KfW-Analyse zeigt, wie sich die Lücke in der Übergabe von Generation zu Generation weiter vergrößert.
Der demografische Wandel trifft den deutschen Mittelstand zunehmend ins Mark: Laut einer Analyse der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) steht in den kommenden Jahren eine wachsende Zahl an Unternehmensnachfolgen an, aber gleichzeitig sinkt die Bereitschaft oder Möglichkeit zur Übernahme. Aktuell sind über die Hälfte der Inhaberinnen und Inhaber mittelständischer Unternehmen älter als 55 Jahre, das Durchschnittsalter liegt bei über 54 Jahren. Allein bis Ende 2025 planen rund 215.000 Betriebe eine Übergabe – ihre Eigentümer sind im Schnitt 65,4 Jahre alt. Gleichzeitig steigt die Zahl der Unternehmen, die mangels geeigneter Nachfolge in Erwägung ziehen, ganz aufzugeben: 231.000 Betriebe denken über eine Stilllegung nach, das ist ein neuer Höchststand.
Besonders alarmierend: Während die Zahl kurzfristiger Übergaben noch relativ stabil bleibt, sinkt das Interesse an mittel- und langfristiger Nachfolge deutlich. Bis 2028 rechnen die Expert*innen der KfW mit rund 94.000 weniger geplanten Übergaben als noch im Vorjahr. Weil diese Lücke wächst, erhöht sich auch die Gefahr, dass selbst wirtschaftlich gesunde Unternehmen ersatzlos vom Markt verschwinden.
„Die Unternehmensnachfolge entwickelt sich zunehmend zum Nadelöhr für die Zukunft des Mittelstands“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Es braucht gezielte Unterstützung, um mehr Menschen für die Übernahme bestehender Betriebe zu gewinnen. Etwa durch bessere Informationsangebote, rechtliche Vereinfachungen und stärkere Gründungsförderung.“
Tatsächlich nennen drei von vier betroffenen Unternehmen den Mangel an geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten als zentrales Problem. Weitere Hürden sind komplizierte Kaufpreisverhandlungen, rechtliche Unsicherheiten und Finanzierungslücken. Von den 215.000 kurzfristig geplanten Übergaben sind bisher nur 28 Prozent konkret geregelt. Weitere 27 Prozent befinden sich in Verhandlungen, bei 20 Prozent ist die Nachfolge ungewiss. Die KfW fordert daher, Unternehmensnachfolge als strategische Aufgabe zu begreifen und frühzeitig mit der Planung und der Organisation von Förderinstrumenten zu beginnen.
red