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Das sind die wichtigsten Faktoren beim Recruiting im Mittelstand

Interview mit Adrian Krastev / XING

19. März 2024

Der deutsche Mittelstand ist vom Fachkräftemangel am meisten betroffen - und die aktuellen Rahmenbedingungen erschweren zudem die Suche nach geeignetem Personal. XING Recruiting-Experte Adrian Krastev* erklärt im Interview, warum es trotzdem Hoffnung für HR-Abteilungen gibt, welche attraktiven Angebote Arbeitgeber machen sollten und warum KI und Social Media auch im Recruiting für KMU nicht mehr wegzudenken sind.

NWX Magazin: Adrian, was sind die größten Herausforderungen beim Recruiting für mittelständische Unternehmen derzeit?

Adrian Krastev: Es gibt in der Tat eine Vielzahl an aktuellen und langfristigen Herausforderungen. Wir haben es mit einer Zeit zu tun, in der vieles ungewiss ist, und in der sich Richtungen schnell verändern können. Gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Spannungen spielen natürlich auch eine große Rolle. Insgesamt beobachten wir sechs große Entwicklungen, die es Unternehmen und Recruitern schwer machen: Es gibt immer mehr Stellen und immer weniger Jobsuchende pro Stelle. Wir haben es auch mit der Alterspyramide zu tun, bei der wir bis 2030 mit 3,9 Millionen weniger Arbeitskräften rechnen müssen. In Kombination mit den stetig steigenden Berufsanforderungen und dem Strukturwandel wird es immer schwieriger werden, Talente schnell zu finden und an sich zu binden. Eine weitere große Herausforderung aktuell ist auch die Tatsache, dass es in Deutschland immer mehr Studierende und immer weniger Auszubildende gibt. Hier müssen dringend mehr Reize geschaffen werden, damit eine gesunde Balance wiederhergestellt werden kann.

Gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen?

Adrian Krastev: Es gibt teilweise große Unterschiede, wir sprechen jedoch von einem übergreifenden Fachkräftemangel. Laut Deloitte betrachteten 2023 71 Prozent der Unternehmen den Fachkräftemangel als das größte wirtschaftliche Risiko. Und laut Bundesagentur für Arbeit hatten 2023 ganze 93 Prozent der Unternehmen Schwierigkeiten, ihre Stellen zu besetzen.

Viele KMU sind derzeit gefangen zwischen Rezession und Fachkräftemangel. Wie sollte man im Recruiting trotz wirtschaftlicher Flaute agieren?

Adrian Krastev: Tatsächlich ist das Bild aktuell sehr düster. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Situation aussichtslos ist. Wir wissen aus unser aktuellen Studie durch forsa im Auftrag von XING, dass 37 Prozent der Deutschen derzeit den Job wechseln würden. Das ist ein wichtiges Momentum für alle Unternehmen, die Stellen zu besetzen haben. Diejenigen, die den Wettbewerb um Talente und Fachkräfte verstanden haben und längst wissen, dass wir von einem Arbeitgebermarkt in einen Arbeitnehmermarkt gewandelt sind, sind im Vorteil. Dabei kommt es darauf an, sich Gedanken darüber zu machen, ob ich die Talente wirklich dort erreiche, wo sie sind und ob ich ein authentisches Unternehmensbild vermittle, bei dem unsere Werte übereinstimmen. Habe ich darüber hinaus einen unkomplizierten und intuitiven Bewerbungsprozess, habe ich die richtigen Benefits über den „Obstkorb“ hinaus - und passt das alles zur Zielgruppe von Talenten oder Fachkräften, die ich brauche. Dabei muss man nicht sicher über große Budgets oder große HR-Abteilungen verfügen. Ich kenne einige kleine Unternehmen, die da als gutes Beispiel dienen können.

Die Digitalisierung, besonders das Stichwort KI, ist ja auch im Recruiting ein großes Thema. Wie siehst Du da den Mittelstand aufgestellt?

Adrian Krastev: Das Thema KI wird omnipräsent. Und es handelt sich nicht um eine Modeerscheinung, die kommt und geht. Die Automatisierung von Prozessen durch KI wird weiter an Bedeutung gewinnen und wird sehr bald nicht mehr wegzudenken sein. Auch hier sollten Unternehmen das Momentum nutzen, ohne zu zögern. Es ist allerdings ernüchternd zu lesen, dass 54 Prozent der Unternehmen sich noch keine Gedanken über den Einsatz von KI machen und es auch künftig nicht vorhaben. Ein Fünftel plant das erst in 5 Jahren, 13 Prozent in den nächsten Jahren. Lediglich 5 Prozent planen es für dieses Jahr. Das zeigen die Ergebnisse von Bitcom Research. Auf der anderen Seite hat Google in den USA herausgefunden, dass ein Drittel der Unternehmen, die im Krisenjahr 2022 in KI investiert haben, eine Umsatzsteigerung verzeichnen konnten. Und 19 Prozent einen Beschäftigungswachstum.

Ein weiterer Trend, von dem viel gesprochen wird, ist der Einsatz von Social Media bei der Talentsuche. Für wie wichtig hältst Du das in der Gesamtrecruitingstrategie?

Krastev: Social Media bei der Talentsuche spielt jetzt schon eine enorme Rolle. Wie ich bereits erwähnt habe, kommt es sehr stark darauf an, die Talente oder Fachkräfte dort zu erreichen, wo sie sind. Und eine sehr große Mehrheit ist über oder auf Social Media ansprechbar und empfänglich für Jobangebote. Je nach Zielgruppe suchen Fachkräfte nicht zwingend auf einem Jobportal nach einem Job, würden aber z.B. auf eine Audio-Stellenanzeige auf Spotify reagieren und sich bewerben. Auch Talent-Communities wie XING oder kununu tragen stark dazu bei, Talente mit Unternehmen zu vernetzen – wir nennen es "The Perfect Match". Mit unseren digitalen HR-Lösungen unterstützen wir Unternehmen und Recruiter genau darin.

*Unser Gesprächspartner: Adrian Krastev ist Leiter & Mitinitiator der New Hiring Academy bei XING. Er ist Experte für Themen rund um digitale HR-Lösungen, Marketing & Educational Tech mit über zehn Jahren Erfahrung.

 

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